Bauen und Heizen mit Holz gehen Hand in Hand — Ein Gastbeitrag von Prof. Roland Irslinger
Berlin
, 15.11.2024•
Das Heizen mit Holzpellets hat leider durch den Einfluss der Umwelt-NGOs ein negatives Image bekommen. Doch nur durch den Einsatz von Holzheizungen ist eine Wärmewende möglich — weg von Öl und Gas, hin zu Erneuerbaren Energien. Der renommierte Professor a.D. Roland Irslinger erklärt in seinem Fachbeitrag, warum sich die stoffliche und energetische Nutzung von Holz nicht ausschließen, sondern bedingen, und wie das Heizen mit Pellets zum Fortbestand unserer Wälder beiträgt.
Forstexperte Prof. Roland Irslinger
Bäume werden in heimischen Wäldern nicht gefällt, um sie zu verheizen. Ziel nachhaltiger Waldwirtschaft ist die Produktion von hochwertigem Holz, um daraus Möbel oder Häuser herzustellen. Doch Holz ist ein Koppelprodukt. Das bedeutet: Sowohl bei der Pflege der Wälder als auch bei der Holzverarbeitung fallen stofflich nicht nutzbare Sortimente an.
Aktiver Waldumbau als Schlüssel für gesunde Wälder
Wälder brauchen Pflege, um hochwertiges Holz ernten zu können. Dabei anfallendes Rundholz wird zum allergrößten Teil einer stofflichen Nutzung zugeführt. Dafür sorgt schon der erzielbare Marktpreis. Aus dem anfallenden Waldrestholz – zum Beispiel dicken Ästen und dünnen Stämmen – lassen sich jedoch weder Möbel zimmern noch Häuser bauen. Ungenutzt wird aus Waldrestholz Totholz, also Holz, das im Wald verrottet. Die Hoffnung, durch Liegenlassen von noch mehr Totholz den Humus und damit den Kohlenstoff im Waldboden zu vermehren, hat sich durch neue Forschungen zerschlagen.
In unseren Wäldern befinden sich bereits 240 Millionen Kubikmeter Totholz. Jedes Jahr lassen wir 15 Millionen Kubikmeter Holz aus Artenschutzgründen im Wald verrotten, der Kohlenstoff darin entweicht in die Luft. Dabei ist für den Arten- und Biotopschutz nicht die Menge an Totholz entscheidend, sondern die Vielfalt der Habitate und Baumarten.
Es ist nicht nachhaltig, unseren Wald nicht oder weniger zu nutzen, um noch mehr Kohlenstoff darin anzureichern. Trotzdem propagieren Bundesumweltministerin Steffi Lemke und das ihr unterstellte Umweltbundesamt (UBA) wider besseres Wissen eine weitere Kohlenstoffanreicherung in unseren Wäldern. Dagegen warnt die Wissenschaft dringend vor einer weiteren Anhebung der Holzvorräte. Noch mehr Wildnis wagen? Bloß nicht, denn mit dem Alter der Bäume wächst das Risiko, dass durch Dürre und Hitze der Kohlenstoff wieder in die Atmosphäre gelangt. Die Tragfähigkeit unserer Landschaft für Kohlenstoff sinkt, je trockener und wärmer das Klima wird. Verurwaldung belastet künftige Generationen, weil Wälder zur Kohlenstoff-Quelle werden. Nachhaltige Waldpflege bietet dagegen die Chance zur Vermeidung fossiler Emissionen und Steigerung der Resilienz der Wälder.
Lässt man Wälder wachsen ohne Holz zu ernten, erreichen sie eine Art Sättigung. Bäume sterben dann ganz natürlich, ihr Holz zersetzt sich und CO2 entweicht in die Luft. Diese Wälder senken weder die CO2-Konzentration der Atmosphäre, noch erzeugen sie zusätzliches CO2. Der Klimaeffekt solcher Wälder liegt in der Bindung von Kohlenstoff. Ein Potenzial zur zusätzlichen Bindung von Kohlenstoff in der gebauten Welt und zur Vermeidung fossiler CO2-Emissionen besitzen sie nicht.
Der Alpenbock liebt frischgeschlagenes Buchenholz, dort hinein legt er seine Eier. Er ist aber kein ausgeprägter Buchenspezialist, sondern kommt auch auf Holz anderer Baumarten vor.
Zwar dauert es nach dem Fällen eines alten Baumes viele Jahre, bis sein Nachfolger den Kohlenstoff wieder gebunden hat. Aber von hundert Bäumen wird jedes Jahr nur einer gefällt. Alle anderen wachsen auf den Nachbarflächen munter weiter. „Zeit wird durch Raum ersetzt“, ist das hinter der forstlichen Nachhaltigkeit stehende Prinzip. Bei nachhaltiger Waldwirtschaft ist die Summe aus Nutzung und Kalamitäten, wie Käfer, Dürre oder Stürme, dauerhaft kleiner als der Zuwachs. Es ist nicht so, wie häufig behauptet wird, dass Holzernte den Holzvorrat im Wald verringert. Waldpflege regelt die Konkurrenz unter den Bäumen, sodass bewirtschaftete Wälder schneller wachsen. Ungenutzte Wälder haben daher keine höheren Holzvorräte als genutzte. Jüngere Wälder nehmen jährlich mehr CO2 aus der Atmosphäre auf.
Holzbau und Pelletproduktion bedingen sich gegenseitig
Wald-Bau-Pumpe nennt Hans Joachim Schellnhuber, ehemaliger Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, das Prinzip, bei dem wir mit dem stofflich verwertbaren Teil des geernteten Holzes, sprich mit Holzbrettern, -balken oder -dielen, Häuser bauen. Denn so wird Kohlenstoff in die Städte „gepumpt“, um ihn dort über Jahrhunderte zu speichern: sicherer als im Wald. Dieses „Bauhaus Erde“ könnte als globale CO2-Senke zur Abkühlung der Erde beitragen. Ferner vermeidet jeder Kubikmeter geerntetes Holz die Emission von einer Tonne fossilem CO2 gegenüber Konstruktionen aus Stahl, Alu, Glas oder Beton. Was sich stofflich nicht verwerten lässt, wie Sägespäne, geht in die Pelletproduktion. Wenn wir Wälder nicht nutzen, können wir weder mit Pellets heizen noch mit Holz bauen. Bauen und Heizen mit Holz gehören zusammen.
Baumstämme sind rund, Bretter und Balken dagegen eckig und beim Hobeln fallen Späne. Nur die Hälfte dieser bei der Verarbeitung des Holzes anfallenden Reste landet in Form von Pellets im Ofen, da ist noch Luft nach oben. Deutschland ist Netto-Exporteur von Pellets. Wir produzieren mehr als wir verbrauchen. Waldrestholz oder Späne statt einer energetischen einer grundstofflichen Nutzung für Textilien und Farben durch die chemische Industrie zuzuführen, hat keine Klimavorteile. Zumindest so lange, bis der Wärmesektor (ohne Holz) nicht zu 100 Prozent CO2-neutral ist – also wenigstens bis zur Mitte des Jahrhunderts!
Innen angefaultes Fichten-Stammholz: bei der Verwertung fällt ein hoher Prozentsatz an Restholz an, das zu Pellets verarbeitet werden kann.
Das Heizen mit Holz ist dem Klima zuträglich
Mit Holz heizen setzt nicht mehr und auch nicht schneller Kohlenstoffdioxid (CO2) frei als es im Wald verrotten zu lassen. Denn Waldrestholz ist eher dünn, mit den dicken Stämmen bauen wir dagegen Häuser. Mit Holz heizen ist lediglich die Alternative, man könnte sagen der Beipass. Ob das CO2 aus dem Ofen oder aus dem Wald kommt, ist für das Klima völlig unerheblich. Denn für die Klimawirksamkeit des CO2 spiele der Ort der Emission keine Rolle, weil sich CO2 wie eine Glocke in der Erdatmosphäre verteilt, sagt Mojib Latif, der Klimaforscher und Präsident der Akademie der Wissenschaft en in Hamburg. Deshalb ist Heizen mit Holz CO2-neutral – selbstredend abzüglich des fossilen Aufwandes zur Bereitstellung.
Holzenergie ist Teil der politisch gewollten Kreislaufwirtschaft und leistet einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. 674 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente hat Deutschland 2023 emittiert, 40 Millionen Tonnen mehr wären es ohne Energie aus Holz gewesen.
Bleibt der Feinstaub. Die Belastung damit sinkt seit Jahren, Grenzwerte werden selten überschritten. Nur zehn Prozent der Feinstäube stammen aus der Holzverbrennung, Tendenz fallend. 65 Prozent der Wärme aus erneuerbarer Energie werden mit Holz erzeugt, 650.000 Haushalte nutzen hierzulande Pellets und 450.000 Scheitholz oder Hackschnitzel in Heizkesseln, zudem gibt es elf Millionen Kamin- und Kachelöfen. Feinstaub kommt aus alten Stückholzöfen, lediglich 0,6 Prozent aus Pelletfeuerungen. Der vorgeschriebene Austausch veralteter Öfen wird den Feinstaub weiter reduzieren.
Wärmepumpen sind keine Alternative für Pelletöfen
Wärmepumpen statt Pelletöfen – nein danke! Denn der aktuelle, nicht CO2-neutrale Strommix sorgt dafür, dass die Holzheizung weit klimafreundlicher ist. Das gilt für Methan, Lachgas und CO2. Dank dieses Strommixes entstehen beim Heizen mit der luft geführten Wärmepumpe pro Kilowattstunde zehn Mal so viel CO2 und Methan und vier Mal so viel Lachgas wie beim Heizen mit Holz, Vorketten inklusive. Nichts heizt sauberer als Holzpellets!
Wärme aus Wärmepumpen erfordert den 200-fachen Ressourceneinsatz in Form von Beton und Stahl im Vergleich zu Wärme aus Holz. 30.000 Windenergie-Anlagen gibt es in Deutschland, Energie aus Holz vermeidet den Zubau weiterer 7.000 Windräder. Windkraft -Gegner sollten für nachhaltige Waldwirtschaft auf die Straße gehen, statt zuzusehen, wie unsere Kulturlandschaft verurwaldet. Hand in Hand mit Naturschützern, denn Windräder und Artenschutz vertragen sich nicht immer gut, naturnahe Waldwirtschaft und Biodiversität dagegen bestens.
Holzverbrennung emittiert mehr CO2 als etwa Gas – ist Heizen mit Holz deshalb schlecht fürs Klima? Nein. Der im Holz enthaltene Kohlenstoff ist im Unterschied zum fossilen Kohlenstoff Teil des atmosphärisch-biosphärischen Kreislaufs. Bei nachhaltiger Waldwirtschaft ist dieser Kreislauf intakt. Das oft angebrachte Argument der geringen Energiedichte wäre richtig, würden wir Wald roden, also dauerhaft beseitigen, um mit diesem Holz zu heizen. Mit nachhaltiger Waldwirtschaft hätte dies aber nicht das Geringste zu tun!
Roland Irslinger, Jahrgang 1949, war von 1982 bis 2014 Professor für Waldökologie an der Hochschule für Forstwirtschaft in Rottenburg am Neckar. Er forschte in der Mata Atlantica, dem atlantischen Regenwald Brasiliens, und war beratend tätig beim Aufbau des WWF-Goldstandards zur Zertifizierung von Aufforstungsprojekten für den Klimaschutz. Er ist Mitglied im Kuratorium Nachhaltiges Wirtschaften.