Seit 1987 wird der Wald in Deutschland alle zehn Jahre im Rahmen der sogenannten Bundeswaldinventur (BWI) genauer unter die Lupe genommen. Kürzlich wurden die Ergebnisse der vierten BWI veröffentlicht.
Prof. Hubert Röder ist Forst-Experte und Mitautor der Studie KlimaHolz. Er fasst die wichtigsten Ergebnisse der BWI 4 kurz zusammen:
Der Wald in Deutschland hat sich in den letzten Jahren zu einer CO2 Quelle entwickelt. Diese Entwicklung war seit langem erwartet worden1 und ist jetzt durch den Klimawandel und den daraus resultierenden Waldschäden schneller eingetreten. Der Grund dafür liegt hauptsächlich in der Überalterung der Wälder, die anfälliger für den Klimawandel sind als junge Mischwälder. Ein noch schnellerer Waldumbau ist daher essentiell zur Erhaltung der Klimaschutzleistungen und Ökosystemleistungen des Waldes in Deutschland.
Viele Ziele des Programms „klimaangepasstes Waldmanagement“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft werden übererfüllt. Eine weitere staatliche Förderung dieser Ziele erscheint nicht notwendig. Zum Beispiel liegt der Vorrat an Totholz bei mehr als 10 Prozent (Ziel 10 Prozent), besonders geschützte Biotope nehmen bereits 6 Prozent der Waldfläche ein (Ziel fünf Prozent) und auf einem Hektar Wald stehen durchschnittlich acht ökologisch bedeutsame Biotop-Bäume (Ziel fünf Bäume/ha).
Der Holzvorrat bei kleineren Privatwäldern ist überdurchschnittlich hoch und in den letzten 10 Jahren hat dort keine Waldpflege stattgefunden. Das ist ein extrem hohes Risiko im stattfindenden Klimawandel.
Der Zuwachs im Wald ist um 16 Prozent niedriger im Vergleich zur BWI 3. Dies liegt am Alter der Bäume, denn alte Bäume wachsen nicht mehr so stark. Junge Bäume haben hingegen einen starken Zuwachs. Von ihnen sind mehr nötig, um dem Klimawandel wirksam zu begegnen.
Wäre das im Wald vorhandene Holz stärker genutzt worden, hätte die starke Zunahme an Totholz verhindert und gleichzeitig der Zuwachs gesteigert werden können.
Das übermäßig viele Totholz trägt derzeit maßgeblich dazu bei, dass der Wald eine wesentliche CO2-Quelle ist. Würde ein Teil des Holzes energetisch genutzt werden, würde die gespeicherte Menge an CO2 ebenfalls frei. Aber: Wird Holz energetisch genutzt, ersetzt es fossile Emissionen. Zusätzliche Emissionen werden also vermieden. Außerdem speichert der verbleibende Bestand nach einer expliziten Durchforstung mehr zusätzliches CO2 als ein unbewirtschafteter Wald. In der Summe leistet die Energieholz-Nutzung damit einen besseren Klimaschutzeffekt als das Belassen von Totholz (oder Totholz-Anwärtern) im Wald.
Fazit
Insgesamt zeigt die BWI 4, dass es überflüssig geworden ist, die Stilllegung von Wäldern („Klimaangepasstes Waldmanagement“) zu fördern. Der Klimawandel sorgt ohne unser Zutun für einen massiven Anstieg des Totholzes. Zielführender wären Anreizprogramme für mehr Waldumbau, um die Zuwächse im Wald zu steigern und für mehr Holzbau zur langfristigen Speicherung der gebundenen Kohlenstoffmengen im Gebäudesektor.Dabei würden auch genügend „Nebenprodukte“ in Form von Energieholz anfallen, die einen positiven Beitrag zum Klimaschutz leisten. Die Förderung moderner Holzheizungen und BECCS (Bioenergie mit CO₂-Abscheidung und -Speicherung) wären eine bessere Investition als kurzlebiges Totholz.
Prof. Hubert Röder vom Lehrstuhl für Nachhaltige Betriebswirtschaft an der Hochschule Weihenstephan Triesdorf.
Weitere Informationen:
Prof. Hubert Röder im Interview
Broschüre „Unser Wald der Zukunft“
1 siehe Dieter, M.; Elsasser, P.; Wiehler, H.A. (2005): Anrechnung der deutschen Waldbewirtschaftung in der Klimapolitik? Ein Diskussionsbeitrag zur Wahlmöglichkeit nach Artikel 3.4 des Kyoto-Protokolls. Forst und Holz 60 (11), 472-474