Große Entscheidungen fallen allein schon schwer – sind mehrere Parteien beteiligt, wird es nicht weniger kompliziert. In Wohnungseigentümergemeinschaften (WEG) dürfen alle Eigentümer mitreden, wenn etwas an der Fassade, den Fenstern oder der Heizung verändert werden soll. Wohnungseigentümer Harald Ruschenburg aus München berichtet, wie anfängliche Vorurteile zum Heizen mit Pellets in seiner WEG aus dem Weg geräumt wurden und schließlich die alte Ölheizung der modernen Pelletanlage weichen musste.
Unser Haus mit 23 Wohneinheiten steht im Münchner Stadtgebiet und wurde 1964 gebaut. Nachdem die alte Ölheizung immer wieder repariert werden musste, wurde während einer Eigentümerversammlung im Jahr 2018 schließlich der Entschluss gefasst: Es muss eine neue Heizung her. Die große Frage war nun, welche? Ein Mitarbeiter eines Ingenieurbüros sollte über die verschiedenen Optionen für unsere Wohnanlage aufklären. In Erwägung gezogen wurden Öl- und Gasanlagen, Solarpaneele und Wärmepumpen. „Doch was wäre eigentlich mit einer Pelletheizung?“, fragte ich. Die Reaktion auf meine Frage war: Unmöglich. Die Anlagen seien zu groß, der Umbau zu aufwändig und teuer.
In der folgenden Diskussion ging es um den Pelletverbrauch. Wie viele Tonnen Pellets würden wir benötigen bei einem bisherigen Jahresverbrauch von ca. 27.000 bis 30.000 Litern Heizöl? Und wie viel Strom würde der Kessel verbrauchen? Beide Werte wurden extrem hoch eingeschätzt – viel zu hoch, wie sich später herausstellen sollte.
Mir wurde klar: Der Berater war bereits voreingenommen und lehnte die Pelletheizung kategorisch ab. Dies führte zu großer Verunsicherung. Die Entscheidung wurde also vertagt und wir Eigentümer nahmen die Recherche selbst in die Hand. Alle Fragen und Bedenken wurden gesammelt und in einem Fragenkatalog festgehalten.
Viele Fragen: Von Asche bis Zuluft
Zum einen war da die Frage nach der Holzasche. Ist Asche nicht Sondermüll und die Entsorgung wegen der Schwermetalle sehr teuer? Nach weiterer Recherche war klar: Bei den geringen Mengen, die bei der modernen Pelletheizung anfallen, kann die Asche ohne Probleme im Hausmüll entsorgt werden. Pellets sind ein Naturprodukt aus unbehandeltem Holz. Sie sind gewöhnlich nur sehr gering mit Schwermetallen belastet.
Ein Anruf bei den führenden Herstellern von Pelletkesseln und schon war gesichert, dass der Stromverbrauch gar nicht so hoch ausfallen, sondern voraussichtlich 800 kWh pro Jahr betragen würde.
Weitere Bedenken, die sich problemlos aus dem Weg räumen ließen, waren die Lautstärke der Pelletansaugung, möglicher Lärm und Beschädigungen im Treppenhaus während des Umbaus, die erforderlichen Durchbrüche zum zukünftigen Pelletraum und mögliche Gefahren durch Kohlenmonoxid (CO). Die Ansaugzeiten konnten in die Vormittags- und Nachmittagsstunden gelegt werden und das Treppenhausproblem konnte sich durch einen Durchbruch zur Tiefgarage lösen. Bei den Bohrungen in den Pelletraum gab der Statiker sein „OK“ und möglicherweise aus den Pellets stammendes CO ist durch die Zuluft ungefährlich.
Pellets: Eine gute Entscheidung fürs Klima und den Geldbeutel!
Ebenfalls für die Pelletheizung sprach die großzügige staatliche Förderung beim Heizungstausch von Öl hin zu Pellets. Ein weiteres Plus waren die Brennstoffkosten im Vergleich zu Öl und Gas sowie zu den Betriebskosten für eine Wärmepumpe im Stadtbereich. Heizen mit Pellets ist deutlich günstiger als mit fossilen Energieträgern. Außerdem sind und werden sie auch zukünftig nicht mit dem CO2-Preis belegt.
Ein weiteres großes Thema, das mich durch die Jahre begleitete, war das Thema Umweltschutz. „Ist Erdgas nicht eine saubere Sache?“, fragte ein Mitglied unserer WEG. Fakt ist: Nach Braunkohle und Erdöl gehört Erdgas zum drittgrößten Klimakiller auf diesem Planeten. Es besteht aus ca. 80 Prozent Methan, das über 20 Jahre hinweg etwa 81 Mal schädlicher ist als CO2.
Ein regionaler und klimafreundlicher Brennstoff
„Wir rotten die Wälder aus und machen daraus Pellets“ – ein Vorurteil, das ich auf vielen Webseiten gelesen habe. In China, Kanada, Bulgarien oder Rumänien mag das vielleicht der Fall sein. Darauf haben wir hier in Deutschland keinen Einfluss. Aber: Der Käufer hat es selbst in der Hand, Pellets aus regionaler und nachhaltiger Herstellung zu wählen! Es gibt genügend heimische Pellets in Deutschland, die aus nachhaltiger Waldbewirtschaftung stammen. Hierzulande werden Pellets schließlich aus den Nebenprodukten gemacht, die im Sägewerk anfallen. So können wir unabhängig von internationalen Lieferketten heizen.
Packen wir es an: Ölheizung raus, Pelletheizung rein
Ein in Rosenheim sitzendes Ingenieurbüro und der Deutsche Energieholz- und Pellet-Verband (DEPV) hielten für Eigentümer, Mieter und Nachbarn zwei sehr interessante Vorträge über das Heizen mit Holzpellets. Nach diesem Abend waren auch die letzten Zweifel beseitigt. Bei der Eigentümerversammlung im Juli 2022 wurde der erste Schritt gemacht.
Das Ingenieurbüro aus Rosenheim wurde beauftragt, Angebote einzuholen und einen Förderantrag beim damals zuständigen BAFA einzureichen. Im Mai 2023 war es so weit: Die Eigentümer beschlossen, den Auftrag zum Einbau einer Pelletheizanlage zu erteilen.
Im Juli 2023 ging es endlich los: Zuerst wurden die Durchbrüche zur Tiefgarage zum zukünftigen Pelletlager gemacht und die Öffnung zum Heizungsraum vergrößert. Dann ging es dem alten Kessel an den Kragen: Die Ölheizung und der Wärmetauscher verließen ihre Standplätze und schwebten über die an der Decke angebrachte Schiene durch die Öffnungen auf bereitstehende Anhänger. Die beiden neuen Pelletkessel mit ihren ca. 900 Kilogramm und die beiden Pufferspeicher mit ihren drei Kubikmeter Fassungsvermögen zu je 600 Kilogramm kamen auf dem gleichen Weg herein und wurden auf ihren neuen Stellplätzen eingerichtet. Während die ersten Rohre im Heizungskeller verpresst wurden, zerschnitt der technische Tankdienst den alten Öltank. Mitte August kam dann die erste Pelletlieferung – das war wirklich eindrucksvoll!
Heute, nach insgesamt sechs Jahren, genießen alle 23 Parteien die klimafreundliche Wärme. Ich gehe einmal pro Woche in den Heizungskeller und freue mich über den gelungenen Umbau. Es schnurrt, summt und ab und zu rauscht es auch. Wir unterstützen die heimische Forstwirtschaft in Bayern beim Umbau zu einem klimaresistenten Wald, indem wir die Pellets aus der Region beziehen. Auch der Kaminkehrer in unserem Bezirk war von der neuen Anlage sehr angetan. Die Abgaswerte waren kaum messbar, er bezeichnete sie als „nicht nur sauber, sondern rein“.
Harald Ruschenburg ist Jahrgang 1956, studierte von 1979 bis 1984 Bauingenieurwesen an der Fachhochschule München. Danach begann er seine berufliche Tätigkeit bei der Autobahndirektion Südbayern. Er arbeitete dort bis 2022 im Bereich Streckensanierung und Beseitigung von Unfallschwerpunkten sowie bei der Schadensbeseitigung nach Unfällen. Die Eltern von Harald Ruschenburg haben bereits zuvor in der Wohnung gewohnt, seit 2015 lebt er mit seiner Frau dort.